Achtsames Tun
Eine Anleitung für die Arbeitsmeditation im Intersein-Zentrum
Klarheit und Fürsorge praktizieren
Das achtsame Tun ist in unserer Praxis eine Meditation. Das bedeutet, dass wir Qualitäten wie Bewusstheit und Fürsorge in unserem Geist kultivieren und in unserem Leben klebendig werden lassen. Egal was wir tun, wir schenken dem, was wir tun, unsere volle Aufmerksamkeit. Wir lernen so den Geist auszurichten, zu sammeln und können mit dem Erleben in Kontakt kommen, bewusst zu sein, da zu sein, ganz präsent zu sein bei allem, was wir tun.
Wir schenken dem, was wir tun, unsere volle Aufmerksamkeit. In diesem Schenken klingen bereits weitere Qualitäten an: Qualitäten wie Fürsorge, Pflege, sich um etwas kümmern, Wertschätzung. Von der Hausreinigung, dem Falten der Wäsche, bis hin zur Essenszubereitung, immer können wir einen Geist der Wertschätzung und der Pflege in uns lebendig halten.
Das achtsame Tun ist deshalb eine Möglichkeit, die Qualitäten der Bewusstheit und der Fürsorge in unserem Leben lebendig werden zu lassen und gleichzeitig können wir lernen, egal welche Tätigkeit zur Praxis zu verwenden. Vom Decken des Frühstückstisches bis zum Säubern der Schuhe.
In dem Ausmaß, wie wir Bewusst-Sein und Fürsorge in uns berühren können, werden wir merken, dass wir und vom Bewerten von Tätigkeiten in „Mag ich“ und „Mag ich nicht“ lösen können. Vielleicht können wir dann auch entdecken, dass in uns eine stille Freude ist, die ganz unabhängig ist von dem, was wir gerade tun, und die sich zeigen kann, wenn wir das gewöhnte Bewerten für einige Moment fallen lassen können. Alle Aktivitäten, die wir hier im Zentrum durchführen, können Freude machen, deshalb sprechen wir hier auch oft von „Freudvollen Tun“.
Klarheit und Fürsorge lebendig werden lassen
Das Achtsame Tun ist eine Möglichkeit, Bewusstsein, Fürsorge und Freude zu kultivieren und zu erleben, und damit gleichzeitig auch eine Möglichkeit, diese Qualitäten ganz konkret in unserem Leben lebendig werden zu lassen.
Wenn wir aus einem bewussten, fürsorglichen Geist heraus handeln, wird sich dies auch in unserem Handeln ausdrücken. Die Art, wie wir uns bewegen, wie wir bestimmte Dinge tun oder nicht tun, alles kann diese Klarheit und Fürsorge lebendig werden lassen.
Wenn wir arbeiten, hinterlassen wir zum Beispiel den Arbeitsplatz so, wie wir in vorgefunden haben. Wir geben uns die nötige Zeit, die Arbeit innerlich abzuschließen, säubern die Werkzeuge, kehren vielleicht den Boden. So heißt es im Zen: „Don´t leave a trace!“
Aber es geht hier nicht darum, aufzuräumen, „weil man es halt so macht…“. Wenn wir aus einem Geist der Klarheit und Fürsorge heraus kommen, werden wir natürlicherweise auch in einer klaren, fürsorglichen Atmosphäre arbeiten und die Arbeit so abschließen.
Einige Anweisungen weisen auf diesen Punkt hin, etwa „Spüle am Ende des Kochens alles ab“. Dies ist jedoch nicht als Befehl gemeint, sondern vielmehr als Hinweis darauf, wie die Zeit der Arbeit innerlich zu gestalten ist, um dir zu helfen, Klarheit und Fürsorge in dir und um dich herum lebendig werden zu lassen. Manchmal klappt das sicher nicht, und das ist nicht schlimm. Vielleicht kannst du jedoch aus dieser Situation lernen, dass du dir einfach etwas mehr Zeit geben musst.
Am Beispiel des Gartens kann man recht einfach eine Wechselbeziehung erleben. Ein ästhetisch angelegter, fürsorglich gepflegter Garten lädt den Geist ein, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Die klare, fürsorgliche Atmosphäre unterstützt uns in der Praxis. Wenn wir Bewusstheit und Fürsorge praktizieren, wird sich das ganz natürlich in einem schönen, gut gepflegten Garten ausdrücken.
Die Atmosphäre beim Achtsamen Tun
Die ganze Atmosphäre bei der Arbeitsmeditation sollte und darin unterstützen, präsent sein zu können. Konkret bedeutet dies, dass wir uns genügend Zeit geben, so dass wir entspannt sein können und nicht unter Druck geraten.
Als Gast wirst du bei uns immer von einem hier lebenden Team-Mitglied begleitet, so dass du dich in den Aktivitäten auch sicher fühlen kannst. Wenn du als Mitglied des Teams neu in einer besonderen Aufgabe bist, zum Beispiel Frühstück, möchtest du dich vielleicht um eine Ansprechperson kümmern, falls du dich unsicher fühlst.
In dieser entspannten Atmosphäre können wir verlangsamen. Weder müssen wir schnell fertig werden, noch müssen wir effektiv sein oder ein besonders tolles Ergebnis produzieren. Dieses Verlangsamen unterstützt uns darin, Gewohnheiten des Druckes und der Hetze, die oft mit Arbeit verbunden werden, zu erkennen, zu durchschauen und uns von ihnen zu lösen. Auch ist es zu Beginn leichter, Geist und Körper zusammenzuhalten, wenn die Geschwindigkeit nicht zu hoch ist.
Wir schenken dem, was wir tun, unsere volle Aufmerksamkeit. Das bedeutet auch, dass wir auf Multitasking verzichten und immer nur eine Sache gleichzeitig tun. Besonders heißt das auch, dass wir während der Arbeitsmeditation in Schweigen arbeiten, und uns nicht zerstreuen, indem wir nebenher reden. Wir reden nur das Nötigste, und schenken uns so den Raum, uns enmal nicht darstellen zu müssen, vielleicht entspannt uns das ja sogar noch mehr. mit dem Erleben, ganz mit etwas da zu sein, in Kontakt zu kommen.
Die im Zentrum lebenden Menschen haben hier in gewisser Weise eine Verantwortung, Gäste durch unser Vorbild in der Praxis zu unterstützen. Dies gilt besonders auch für die Zubereitung des Frühstücks, was ja ganz in der Schweigezeit liegt. Hier haben wir die Verantwortung für die Atmosphäre im ganzen Speiseraum, der ja besonders nach der Morgenmeditation ein Ort ist, an dem Menschen in Stille sein möchten.
Immer wieder werden wir eingeladen zu stoppen. Glocken, Telefon oder die „Vogeluhr“ geben das Signal, für einige Momente innezuhalten, sich von der Aktivität zu lösen und in sich hinein zu spüren „Wie fühle ich mich gerade?“ Auf diese Art und Weise lernen wir uns selbst kennen und können erfahren, ob wir gestresst oder entspannt sind.
Mit der Zeit können diese 2 Minuten Pausen kleine „Inseln der Bewusstheit“ werden, ein Raum, zurückzutreten und einen nicht in Gewohnheitsmustern gefangenen, klaren und offenen Geist zu berühren und aus diesem heraus zurück in die Aktivität zu gehen. Diese Übung will uns helfen, mit uns in Kontakt zu kommen und zu entdecken, auf welche Weise wir mit dem Leben in Beziehung treten. Bin ich angespannt oder entspannt? Mit steigender Sensibilität können wir lernen, wann wir aus uns heraus stoppen und zurücktreten müssen, um nicht von Gewohnheiten hinweggezogen zu werden.
Sich in der Gemeinschaft erleben
Im achtsamen Tun sind wir als Gemeinschaft tätig, jeder trägt an seiner Stelle etwas dazu bei, so dass das Ganze funktioniert. Wir schenken – und wir empfangen Geschenke. Die Person, die kocht, freut sich über geputzte Toiletten. Die Person, die putzt, freut sich über ein Mittagessen.
Für uns als Praktizierende eröffnet sich hier das große Feld, uns in der Gemeinschaft zu erleben. Konkret heißt das, dass wir sicherlich auch mit unserer Ichbezogenheit in Kontakt kommen werden, im Sinne von: „Ich möchte lieber Kochen als Putzen.“ Beides muss aber gemacht werden!