Pause machen
Viele von uns haben die Gewohnheit, den ganzen Tag hindurch kontinuierlich geschäftig zu sein. Eine Aktivität folgt auf die nächste, und anstatt eine Pause zu machen, wechseln wir zu etwas weniger anspruchsvollem, bis wir uns scheinbar wieder erholt fühlen.
Am Abend wird es dann deutlich: Wir konnten den Strom unserer Geschäftigkeit nicht unterbrechen, und für Praxiselemente ist keine Zeit geblieben. Wir haben nicht auf unsere Energie geachtet, und fallen erschöpft ins Bett.
Pausen wirken sich positiv auf unsere Kreativität und Leistungsfähigkeit aus, und sie geben uns eine Möglichkeit, mit unseren Mustern, die uns antreiben in Kontakt zu kommen.
Mit Pausen können wir Inseln der Bewusstheit schaffen, die uns einen Kontrast bieten zu erleben, ob wir beim Tun wirklich entspannt präsent sind oder angespannt geschäftig. Mit einiger Übung stellen sie eine Möglichkeit dar, durch diese Inseln der Bewusstheit die Qualität unserer Bewusstheit über den ganzen Tag über zu erhöhen.
Sprechen wir in diesem Zusammenhang von Pausen, werden zwei Ebenen berührt. Die erste Ebene ist die klassische Mittagspause. Verdauen, eventuell ein Mittagsschlaf erholen und wieder zu Kräften kommen. Wir können deutlich spüren: Jetzt ist Pause angesagt! Und es ist sehr wichtig, auf dieses Signal zu hören.
Die zweite Ebene bezieht sich auf den geistigen Aspekt. Wir schaffen uns eine Insel der Bewusstheit. Wir lösen uns von der Aufgabe, treten zurück und finden in einen entspannten, offenen und weichen Geisteszustand. Wir steigen aus dem Strom der Geschäftigkeit und sind für eine kürzere oder längere Zeit einfach da: ohne Gedanken an die Vergangenheit (Was ich anders machen hätte können!), ohne Gedanken an die Zukunft (Was ich gleich machen muss!), und ohne die Gegenwart zu ergreifen (Was anders sein sollte!). Wir erleben uns ohne Spannung, zentriert im Körper, wach und offen.
Was ist nun die konkrete Übung?
Überlege dir, wie du Elemente des Pause Machens in den Tag einbauen kannst. Diese können vielfältiger Natur sein: mit einem Tee auf die Terrasse zu setzen und die Sonne genießen, die klassischen 2 Minuten, 20 Minuten in den Zendo gehen, ein Spaziergang, …
Worauf kommt es an?
- Entwickle selbstverantwortlich ein Gefühl dafür, wann eine Pause ansteht.
- Spüre hin, ob es dir möglich ist, dass dann auch tatsächlich zu tun. Oder bist du so in der Geschäftigkeit, dass du gar nicht daran denkst oder dich nicht lösen kannst?
- Wenn du Pause machst, kannst du dich von der Aufgabe lösen und zu dir kommen? Oder schiebt es von unten, ist Unruhe da?
Falls ja, was dann? Nichts weiter als zu erkennen: Da ist Unruhe! Und zu erleben, wie sich diese Unruhe anfühlt. Kein Weghaben-Wollen, kein rationalisieren. Nur Erkennen und Erleben.
Der Punkt ist hier, mit dem dukkha zu sein und die damit verbundene Not wirklich als leidhaft zu erleben. Nur so bin ich intrinsisch motiviert, es fallen zu lassen und bin in der Lage, den Prozess zu erkennen, der zu diesem dukkha führt, also was auf meinem Geist dazu führt. Die kreative Leitung folgt dann im nächsten Schritt aufbauend auf der intrinsichen Motivation und dem Verstehen.
Möchte ich zu früh ändern, entspringt diese Manipulation aus dem Ich-Bereich, ohne wirkliches Verstehen um die Ursache von dukkha. - Kannst du in der Pause einen gelösten, offenen und weichen Geisteszustand erleben? Wie fühlt sich das an? Kannst du dieses Erleben in die Aktivität mitnehmen?
Eine Anmerkung dazu:
Wir haben die Tendenz, durch die Praxis das Leiden wegbekommen zu wollen: Aspirin-Buddhismus. Ich habe ein Problem, gib mir ein Mittel, das hilft, am besten schnell.
Wenn ich dukkha spüre, kommt somit gleich die Frage: Wie schaffe ich es weg?
Der Buddhismus geht einen anderen Weg. Hier kommen wir in tiefen Kontakt mit unserem Geist und werden uns bewusst, wie er funktioniert.
Zuerst steht die Erkenntnis: Im Moment erlebe ich dukkha. Da ist kein Rationalisieren, kein „das unangenehme Gefühl schönreden.“ Schlicht: Da ist dukkha. Und dieses dukkha tief erfahren. Nur diese tiefe Erfahrung führt zu einer echten Motivation, aus den leidbrin-genden Mustern auszusteigen.
Wir werden uns bewusst, welcher Prozess abläuft, der zum Erleben von dukkha führt. So kommen wir zur Ursache des Leidens: dieses dukkha entsteht, weil bestimmte Muster in meinem Geist angesprochen werden. Verantwortlich ist also nicht das außen, sondern Konditionierungen auf meinem Geist. Und da ich ganz schlicht mit ihnen da bin, kann ich mir derer bewusst werden.
Aus dieser tiefen Motivation gepaart mit einem Verstehen um den Entstehungsprozess um die Ursachen von dukkha (also was ich denke, was meine Einstellungen, Erwartungen, Forderungen sind), kann ich jetzt erkenne, wie ich damit umgehen kann und mich jetzt kreativ bemühen, den Weg zum Ende von dukkha zu gehen. „Ah, das ist auf meinem Geist! Und das sollte ich unterlassen, um Leid zu vermeiden. Und das tun, um Glück zu erfahren!“
Und dieses Umgehen geschieht jetzt mit Raum, Geduld und Beharrlichkeit, denn ich kann ja damit sein. Und nicht mehr oberflächlich und mit Druck, wie wenn ich dukkha aus dem Ich-Bereich heraus auflösen will.
Pausen sind deshalb mehr als reine Pausen.
Nicht nur erhöhen sie unsere Leistungsfähigkeit, Energie und Kreativität. Sie sind eine Einladung, gut mit uns und unserer Energie in Kontakt zu sein und Fürsorge für uns zu entwickeln. Sie können der Ausgangspunkt sein, unsere tiefen, unbewussten Muster zu erkennen und zu erfahren, welche Not mit ihnen einhergeht. Denn oft rationalisieren wir und bewerten Stress als positiv, obwohl wir ihn negativ erleben.
Wir haben die Möglichkeit, das Erleben, das mit diesen Mustern einhergeht, im Kontrast zu einem gelösten, offenen, entspannten Geist zu erleben und daraus die Motivation und das Verstehen zu entwickeln, langfristig unsere innere Welt so zu entwickeln, dass wir immer gelassener und heiterer leben können.